Predigt zum Gemeindetag · 27. Oktober 2019 · Pfarrerin i.R. Ruth Misselwitz und Uta Brux
Matthäus 10, 34 – 39
Uta Brux
Für den Gottesdienst zu unserem heutigen Gemeindetag haben wir einen Predigttext aus dem Matthäus Evangelium ausgewählt. Er steht im Kapitel 10, 34 – 39:
Entzweiung um Jesu Willen
„Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutte r und die Schwiegertochter mit ihrer
Schwiegermutter. Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.
Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert. Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist meiner nicht wert. Wer sein Leben findet, der wird’s verlieren; und wer sein Leben
verliert um meinetwillen, der wird’s finden.“
Ja, da staunen Sie! Der Friedenskreis gestaltet einen Gottesdienst zum Thema „30 Jahre nach 1989 Zeit für einen neuen Aufbruch für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung“ und dann so ein Bibeltext Wäre doch auch ganz schön gewesen, wir hätten Micha 4 mit den Schwertern zu Pflugscharen noch einmal hervorgeholt. Der hat wenigstens eine ordentliche Friedensbotschaft. Aber dieser Text hier irritiert auf der ganzen Linie.
Jesus hat gerade seine zwölf Jünger berufen und sendet sie nun aus. Sie sollen unter den Juden vom nahe herbei gekommenen Himmelreich predigen und Kranke heilen. Jesus gibt ihnen noch die wichtigsten Dinge mit auf den Weg. Und dann so eine irritierende Rede, die auf einmal alles
umkehrt, was die Bibel uns sonst lehrt:
„Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde.“
Denken wir einmal kurz an die Weihnachtsgottesdienste bei Kerzenschein. Da lassen wir uns mitten in unserer friedlosen Welt gern umhüllen von der biblischen Friedensbotschaft, wie man sie kaum schöner formulieren könnte, als der Prophet Jesaja das tat: „Denn uns ist ein Kind geboren, ein
Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; er heißt Wunderbar, Rat, Held, Ewig Vater Friedefürst ; auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Stuhl Davids und in seinem Königreich.“
Jetzt könnte man denken, da hat Jesus sich in seiner Rede an die Jünger vielleicht geirrt oder er hat es anders gemeint. Aber nein, er setzt noch eins drauf :
„Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber wenn ich an die Bibel und das Schwert denke, fällt mir ein, wie Jesus bei seiner Gefangennahme im Garten Gethsemane seinen Jünger anfährt und sagt:
„Stecke dein Schwert an seinen Ort! Denn wer das Schwert nimmt, der soll durchs Schwert umkommen.“ Und hier sagt Jesus jetzt: „Ich bin gekommen, das Schwert zu bringen“? Das passt nun wirklich nicht zusammen.
Oder das hier: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert.“
Vater und Mutter sollen wir ehren , auf dass es uns wohl gehe und wir lange leben auf Erden. So steht es in den 10 Geboten. Und auf einmal soll das alles nichts wert sein?
Und schließlich treibt Jesus es noch auf die Spitze: „Ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien … und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.“
Das rührt nun wirklich an den Grundfesten unseres Glaubens. Als ein Schriftgelehrter Jesus nach dem höchsten Gebot in der Bibel fragt, antwortet Jesus mit dem Doppelgebot der Liebe. Die Liebe
zu Gott und die Liebe zum Nächsten sind gleich wichtig und die zentralsten Botschaften der Bibel; und er zitiert aus dem 3. Buch Mose „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (3. Mose 19,18).
Und auf einmal sagt Jesus, er sei gekommen, die Menschen zu entzweien. Das verstehe, wer will.
Ruth Misselwitz
Als der Evangelist Matthäus diese Worte Jesu aufschreibt, ist Jerusalem zerstört, der Tempel liegt in Schutt und Asche und das Volk Israel stöhnt unter der Last der römischen Besatzung. Der Tod und die Auferstehung Jesu liegen länger als 40 Jahre zurück, es gibt noch wichtige Zeitzeugen, die von ihm als Jünger und Jüngerinnen berufen wurden und von seinen Taten erzählen können.
Aber es geht ein tiefer Riss durch die jüdische Gemeinschaft zwischen denen, die Jesus als den Messias bekennen und denen, die das ganze Gerede darum für einen großen Irrglauben und eine Gefahr für das Volk Israels halten.
Die Anhänger Jesu sind eindeutig in der Minderheit und werden von der Mehrheit ihrer jüdischen Glaubensgeschwister als Abtrünnige vom wahren Glauben gebrandmarkt, hat sich doch die messianische Hoffnung auf die Erlösung der Welt mit diesem Wanderprediger nun wirklich nicht erfüllt.
Die AnhängerInnen Jesu, erfuhren, wie dieser Riss mitten durch die Familien, durch den Freundeskreis, durch das alltägliche Leben ging.
Trotz der Verspottung dem Ausschluss aus der religiösen Gemeinschaft und der zunehmenden Zweifel an der Botschaft Jesu aber hielten einige treu an ihrem Glauben fest. Und was sie da erlebten, erinnerte sie immer wieder an die Worte Jesu, die er ihnen damals vor langer Zeit mit auf den Weg gegeben hatte: „Siehe, ich sende euch wie Schafe unter die Wölfe.“
Sie erleben, wie Kinder sich gegen ihre Eltern auflehnen, weil sie sich für oder gegen die Botschaft Jesu bekennen, sie erleben, wie Freundschaften auseinanderbrechen und bittere Feindschaften stabil geglaubte Beziehungen zerreißen.
Der Vorwurf der Spaltung nagt am Gewissen der Gläubigen. Und in diese Verzweiflung hinein schreibt Matthäus die Worte Jesu: „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde, ich bin nicht gekommen Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“
Und sie verstehen natürlich sofort, was mit diesem Schwert gemeint ist, denn sie kennen ihre Heilige Schrift und die Propheten, die von dem Wort Gottes als dem scharfen und zweischneidigen Schwert reden, das durchdringt, bis es scheidet Seele und Geist und ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens ist (Hebräer 4, 12-13), wie wir es eben aus dem Hebräerbrief gehört haben.
Nein sie besitzen keine Schwerter, die friedvollen und barmherzigen Schwestern und Brüder der ersten christlichen Gemeinden, so wie Jesus auch kein Schwert besaß.
Sie verfügen nur über das Wort Gottes, das allerdings die Kraft eines Schwertes besitzt, das eine erschreckende gewaltige Wirkung zeigt.
Uta Brux
Wenn es wirklich darauf ankommt im Leben, ist es nötig, diese Kraft in uns wach zu rufen und zu unseren Überzeugungen zu stehen. Das ist heute nicht anders als damals.
Jesus spricht mit seiner Rede von der Entzweiung und dem Schwert mitten in unsere heutige Zeit hinein. Da sind auf der einen Seite diejenigen, die sich fürchten vor der vermeintlichen Überflutung unseres Landes mit Geflüchteten und diejenigen, die leiden unter den Auswirkungen der
Globalisierung auf dem Arbeitsmarkt. Und auch diejenigen, die nicht rütteln lassen wollen an ihrem Lebensstandard und den menschengemachten Klimawandel lieber abstreiten.
Und auf der anderen Seite entsteht gerade eine zivilgesellschaftliche Bewegung, wie wir sie seit den 80er Jahren nicht mehr erlebt haben. Jugendliche gehen lautstark auf die Straße und wollen sich die
Zerstörung ihrer Zukunft durch den Klimawandel nicht mehr bieten lassen. Sie sagen den Erwachsenen und Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik unmissverständlich ihre Meinung. Es entsteht eine Generation, auch junger Erwachsener, die neue Lebens- und Wirtschaftsmodelle
ausprobieren, weil sie überzeugt sind, dass es so nicht weitergehen kann.
Man kann wahrlich von einer Entzweiung der Gesellschaft sprechen.
Genau von dieser Situation spricht auch Jesus. Aber warum so radikal? Jesus weiß, dass wir Menschen gern die Harmonie suchen, Konflikten gern aus dem Weg gehen. Aber wenn wir bedeutsame Meinungsverschiedenheiten immer nur unter den Teppich kehren, wird es nicht gut werden. Jesus sagt ganz klar, wer ihm nachfolgt, muss Farbe bekennen. Und das kann auch bedeuten, dass dann ein Riss durch eine Familie oder einen langjährigen Freundeskreis geht. Das ist schmerzlich, aber unvermeidlich. Wenn die Grundsätze der Gerechtigkeit oder des Friedens in der Gesellschaft verletzt werden, dann ist Streit nötig. Dann geht es nicht, ohne dass wir widersprechen, unseren Standpunkt klar machen und Umkehr einfordern.
Das prominenteste Beispiel in der Gegenwart dafür kennen Sie alle
Greta Thunberg. Sie weicht nicht aus Angst zurück , sie nimmt keine Rücksicht auf die Harmonie, sie streitet für ihre Überzeugung. Nichts anderes taten die Propheten des Alten Testaments. Auch an ihnen schieden
sich die Geister. Das ist die Aufgabe der Kirche und eines jeden Christenmenschen – die biblischen Botschaften predigen, nach ihnen leben und, wenn nötig, dafür streiten. Anders wird weder Frieden noch Gerechtigkeit werden.
Ruth Misselwitz
„Keine Gewalt“
das war gestern, wir sehen doch, dass sich nichts bewegt.
Vor 30 / 40 Jahren haben wir doch all diese Probleme schon gekannt die Erderwärmung, das Auseinanderdriften von Arm und Reich, die zerstörerische Gewalt militärischer Sicherheit, die Misshandlung der Natur einschließlich der Tiere – all diese Themen trieben uns doch damals schon
um und wurden in den Texten der Ökumenischen Versammlung von 1989 benannt.
Und – hat die Menschheit daraus etwas gelernt?
Die Rüstungsausgaben haben weltweit wieder den Stand wie am Ende des Kalten Krieges erreicht – die Rüstungsindustrie hat sich „erholt“, sagt man dazu im Fachjargon.
Der Urwald im Amazonasgebiet brennt, die Wüsten breiten sich aus, verheerende Unwetter verwüsten ganze Landstriche, Klimaflüchtlinge ringen ums Überleben.
Und wir? Wir schließen unsere Grenzen, leugnen unseren Anteil an diesem
Elend und klammern uns an den Wohlstand, den wir uns angeblich fleißig verdient haben und der uns zusteht.
„Keine Gewalt“ – ist das die Lösung? Oder wäre da nicht doch ein scharfes Schwert nötig, das mit Gewalt endlich Recht schafft?
Liebe Schwestern und Brüder – uns steht als Waffe nur das Wort Gottes zur Verfügung. Ein Schwert, das Blut vergießt und tötet, ist uns von Jesus untersagt worden.
Wir haben nur das Wort Gottes – das aber soll so stark, so kräftig, so scharf sein wie ein zweischneidiges Schwert. Es soll die Wahrheit aufdecken und die Lüge entlarven, es soll parteilich sein für die geschundene Kreatur, für Mensch und Tier, für Groß und Klein. Es soll sich auf die Seite derer stellen, deren Menschenwürde mit Füßen getreten wird und die sich selber nicht mehr helfen können.
Es soll nieder reißen – aber auch wiederaufbauen, es soll die falschen Götzenbilder zerstören und Hoffnungen sowie Visionen für eine gerechte, eine friedliche Zukunft verkünden.
„Wer sein Leben findet, der wird’s verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s finden.“
Ja, liebe Schwestern und Brüder, mir scheint, wir stehen heute wieder einmal vor einem Scheideweg, der entweder ins Verderben oder in die Zukunft führt.
Um gemeinsam mit unseren protestierenden Kindern oder Enkelkindern in eine Zukunft gehen zu können, müssen wir uns von vielen Dingen verabschieden, die uns lieb und teuer geworden sind.
Wir werden gewohnte Verhaltensmuster und Ansprüche aufgeben, vermeintliche Sicherheiten ablegen und ethnische Abgrenzungen durchbrechen müssen.
Stattdessen werden wir uns öffnen müssen für das Stöhnen und Seufzen der geschundenen Kreatur.
Wenn wir unsere harte Schale aufbrechen und abwerfen, werden wir ein Leben in einem völlig neuen Glanz geschenkt bekommen.
Damals, als wir in der DDR uns in der Friedensarbeit engagiert haben, ging der Riss auch quer durch die Familien und Freundeskreise, es brach etwas auseinander, aber es wuchs auch etwas Neues heran. Neue Beziehungen entstanden, neue Freundschaften knüpften sich, die zum Teil bis heute halten,
es entwickelten sich neue Familienbande, wie wir es in der Evangeliumslesung (Markus 3,31–35) vorhin gehört haben.
Und das wird auch heute wieder geschehen.
Wir werden uns als Kinder Gottes erkennen, die mit seiner Liebe und mit allen Geschöpfen in Beziehung stehen.
Am Ende bleibt mir nur noch übrig , Gott um dieses scharfe Wort zu bitten, und uns zu befreien von unseren halbherzigen, müden, ängstlichen und abgegriffenen Reden, die unsere Kirchen vielerorts füllen.
Möge er mit diesem Geist auch unsere Herzen und Sinne bewegen, dass aus unseren Worten Taten folgen, die einen neuen Aufbruch einläuten.
Amen.
………………………………………………………………………………………………………………
Gottesdienstablauf
Musik: J.S. Bach, Kantate BWV 140, Kantate BWV 140, Eingangschor „Wachet auf“
Begrüßung und Einführung
Lied : Erneure mich, o ewigs Licht (EG 390, 1–3)
Coventry–Gebet
Lektor: Alle haben gesündigt und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten. (Römer 3, 23)
Den Hass, der Rasse von Rasse trennt, Volk von Volk, Klasse von Klasse,
Gemeinde: Vater, vergib.
Lektor: Das Streben der Menschen und Völker zu besitzen, was nicht ihr eigen ist,
Gemeinde: Vater, vergib.
Lektor: Die Besitzgier, die die Arbeit der Menschen ausnutzt und die Erde verwüstet,
Gemeinde: Vater, vergib.
Lektor: Unseren Neid auf das Wohlergehen und Glück der Anderen,
Gemeinde: Vater, vergib.
Lektor: Unsere mangelnde Teilnahme an der Not der Gefangenen, Heimatlosen und Flüchtlinge,
Gemeinde: Vater, vergib.
Lektor: Die Gier, die Frauen, Männer und Kinder entwürdigt und an Leib und Seele missbraucht,
Gemeinde: Vater, vergib.
Lektor: Den Hochmut, der uns verleitet, auf uns selbst zu vertrauen und nicht auf Gott,
Gemeinde: Vater, vergib.
Lektor: Seid untereinander freundlich, herzlich und vergebet einer dem anderen, wie Gott euch vergeben hat in Jesus Christus. (Epheser 4, 32)
Psalm 1 ((Bibel in gerechter Sprache)
1 Glücklich sind die Frau, der Mann, die nicht nach den Machenschaften der Mächtigen gehen, nicht auf dem Weg der Gottlosen stehen noch zwischen Gewissenlosen sitzen,
2 sondern ihre Lust haben an der Weisung Gottes,diese Weisung murmeln Tag und diese Weisung murmeln Tag und Nacht.
3 Wie Bäume werden sie sein –– gepflanzt an Wasserläufen, die ihre Frucht bringen zu ihrer Zeit, und ihr Laub welkt nicht. Was immer sie anfangen, führt zum Ziel.
4 Nicht so die Machtgierigen: Wie Spreu sind sie, die der Wind verweht.
5 Darum bestehen Gewalttätige nicht im Gericht, Gottlose nicht in der Gemeinde der Gerechten.
6 Ja, auf den Weg der Gerechten gibt Gott Acht, der Weg der Machtgierigen aber verliert sich.
Kyrie
Gott, wir erinnern uns an die Zeit vor 30 Jahren. Die Welt befand sich im Kalten Krieg, Ost und West standen sich in feindlichen Blöcken gegenüber. Militärische Aufrüstung sollte uns in einer vermeintlichen Sicherheit wiegen.
In diesem Jahr, 30 Jahre nach dem Mauerfall, wurde der INF-Vertrag zwischen den USA und Russland, der den Verzicht auf Kurz- und Mittelstreckenraketen festlegte, gekündigt. Atomwaffen werden modernisiert. Unser Land befindet wieder, wie in den 80er Jahren, in einer Situation unmittelbarer nuklearer Bedrohung. Anders als damals gibt es heute keine breite Friedensbewegung, die dagegen aufsteht.
Gott, wir rufen zu Dir: Kyrie, EG 178.9
Gott, wir denken zurück an die Zeit, in der die demokratischen Rechte stark eingeschränkt waren. Wir beklagen die Ungerechtigkeit, dass nicht jeder das gleiche Recht auf berufliche Entwicklung, Mitbestimmung und Reisefreiheit hatte. Zum Teil leiden wir unter diesen biografischen Erfahrungen bis heute.
Gegenwärtig geht die Schere zwischen Arm und Reich innerhalb unseres Landes und weltweit immer weiter auseinander. Der soziale Frieden in unserem Land ist in Gefahr, und immer mehr Menschen suchen einen Ausweg im Rechtspopulismus.
Gott, wir rufen zu Dir: Kyrie, EG 178.9
Gott, in den 80er Jahren litten viele von uns unter der Zerstörung unserer Umwelt. Flüsse wurden von der Industrie verschmutzt, die Wälder im Erzgebirge starben und ganze Dörfer fielen dem Braunkohleabbau zum Opfer.
Bis heute leben wir nicht im Einklang mit der Natur. Im Gegenteil. Der Flugverkehr nimmt zu und wir konsumieren auf Kosten unserer Umwelt. Klimaverhandlungen führen nicht zu den drastischen Einschnitten, die nötig wären, um die weitere Erderwärmung zu begrenzen. Wir sorgen uns um die Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen und der Menschen im globalen Süden, die jetzt schon unter den Klimaveränderungen leiden. Und gleichzeitig stoßen wir an unsere eigenen Grenzen, unser Leben grundsätzlich zu ändern.
Gott, wir rufen zu Dir: Kyrie, EG 178.9
Gloria
Gott, wir danken Dir für die Unruhe, die Du in unsere Herzen und Sinne pflanzt. Im Herbst 1989 gingen im ganzen Land Tausende von Menschen mutig auf die Straßen und forderten gewaltfrei und mit Kerzen in der Hand Reformen ein. Besonders dankbar sind wir für die Zeit des Umbruchs zwischen dem Herbst `89 und Oktober 1990. Überall begannen Menschen, die plötzlich entstehenden Gestaltungsräume zu nutzen. Wir brachen auf, um die Gesellschaft umzugestalten und entwickelten kreativ neue Modelle für das Schulsystem, ein friedliches Zusammenleben in Europa und vieles mehr.
Gott, wir loben dich: Laudate omnes gentes, EG 181.6
Bürgerinnen und Bürger in Deutschland nutzen heute ihre Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit. Schülerinnen und Schüler gehen für Klimaschutz auf die Straße, und an der 16jährigen Greta Thunberg kommen auch die Mächtigen in der Welt nicht mehr vorbei. Kirchen sind solidarisch. Sie teilen ihr Geld mit den wirtschaftlich Benachteiligten im globalen Süden und immer mehr Gemeinden kaufen nach sozialen und ökologischen Kriterien ein.
Gott, wir loben dich: Laudate omnes gentes, EG 181.6
Gott, wir danken Dir für die Kraft und Zuversicht, die wir aus deinem Wort schöpfen. Die Texte des Ersten Testaments zum Erlassjahr lehren uns, wie wir unser Zusammenleben gerechter gestalten können. Beim Propheten Micha lernen wir, wie aus Schwertern Pflugscharen werden und ein Friedensreich entstehen kann. Wir sind dankbar für die Jahrtausende alten Erfahrungen, die heute so aktuell wie damals sind, die uns herausfordern und aufrütteln.
Gott, wir loben dich: Laudate omnes gentes, EG 181.6
Tagesgebet
Musik : „Gloria sei dir gesungen“, Chor aus der Bach Kantate
Epistel: Hebräer 4,12-13
Denn das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und und dringt durch, bis dass es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens.
Und kein Geschöpf ist vor ihm verborgen, sondern es ist alles bloß und aufgedeckt vor den Augen dessen, dem wir Rechenschaft geben müssen.
Lied: Suchet zuerst Gottes Reich in dieser Welt (EG 182, 1, 1–6)
Evangelium: Markus 3, 31–35
Und es kamen sei
Und es kamen seine Mutter und seine Brüder und standen draußen, schickten zu ihm und ließen ihn rufen. Und das Und das Volk saß um ihn. Und sie sprachen zu ihm: Siehe, deine Mutter und deine Brüder und deine Schwestern draußen fragen nach dir. Und er antwortete ihnen und sprach: Wer ist meine Mutter und meine Brüder? Und er sah ringsum auf die, die um ihn im Kreise saßen, und sprach: Siehe, das ist meine Mutter und das sind meine Brüder! Denn wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und ttes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.
Glaubensbekenntnis
Lied: Solang es Menschen gibt auf Erden (EG 427, 1-5)
Predig: : Matthäus 10, 34–39
Musik: „Zion hört die Wächter singen“, Choralstrophe aus der Bach-Kantate
Abkündigungen
Lied: Herr, höre, Herr, erhöre (EG 423, 1–6 und 11)
Fürbitte
Ewiger Gott, du unser aller Vater und Mutter,
wir danken Dir, dass wir miterleben durften,
wie ohne Gewalt und Blutvergießen die tödlichen Grenzen zwischen zwei feindlichen Lagern vor 30 Jahren überwunden wurden.
Wir danken Dir, dass Du Frauen und Männer ermutigt und befähigt hast,
Feindbilder abzubauen, sich zwischen die Stühle zu setzten
und Visionen für eine gerechte und friedliche Zukunft zu entwickeln.
Du rufst auch heute wieder Menschen auf,
die sich mutig gegen die zerstörerische Logik militärischer Sicherheit auflehnen,
die ihr Leben und ihre Freiheit aufs Spiel setzten, um gegen die atomare Aufrüstung zu protestieren,
die dem Leben dienen und dem Schutz der Menschenwürde.
Öffne unsere Augen und Ohren, deinem Ruf zu folgen,
bewahre uns vor falscher Harmoniesucht und den Verbeugungen vor den angeblich Mächtigen.
Wir rufen Dich an: : Gott erhöre uns
Allmächtiger Gott,
wir danken Dir für die Schönheit
wir danken Dir für die Schönheit und Komplexität dieser Erde und des Universums.
Du hast alle Dinge so geschaffen, dass sie miteinander in Beziehung stehen und sich ergänzen.
Alles ist miteinander verwoben und voneinander abhängig.
In Deiner unergründlichen Weisheit hältst Du alles im Gleichgewicht.
Wir Menschen aber versuchen ständig, dieses Gleichgewicht zu zerstören,
indem wir die Dinge und die Menschen aufteilen in nützlich oder nutzlos,
wertvoll oder wertlos, in oben oder unten.
Mach uns stark gegen den Wahn rassistischer und nationalistischer Populisten, die die Menschheit spalten und dadurch zerstören.
Lass uns erkennen, dass auch wir nur ein Teil der erschaffenen Natur sind,
deren System wir nicht ungestraft aus dem Gleichgewicht bringen dürfen.
Wir danken Dir für alle Menschen, die Leben retten im Wasser oder auf dem Land
und die die Natur schützen vor der Habgier der Menschen.
Öffne unsere Augen und Ohren, Deinem Ruf zu folgen,
angeblich Mächtigen.er Harmoniesucht und den Verbeugungen vor den angeblich Mächtigen.
Wir rufen Dich an: Gott, erhöre uns
Barmherziger Gott,
wir danken Dir für die Gemeinschaft, die wir hier in dieser Kirche, in dieser Gemeinde erleben.
Immer wieder hast Du auch aus diesem Kreis Menschen gerufen, Deinem Wort zu folgen s diesem Kreis Menschen gerufen, Deinem Wort zu folgen —
in den dunklen Jahren der Naziherrschaft,
als sich Mitglieder der Bekennenden Kirche aus Pankow dem Rassenwahn
und des Missbrauchs des Evangeliums entgegengestellt haben,
und in den Jahren des Kalten Krieges, als sich Männer und Frauen von den Feindbildern befreit und der Kraft des Evangeliums mehr getraut haben als der Schlagkraft der Waffen.
Halt Deine Hand weiter über diese Gemeinde, stärke und kräftige das Zeugnis ihrer Mitglieder.
Gib den Kandidaten und Kandidatinnen der bevorstehenden Gemeindekirchenratswall am am kommenden Sonntagdie Kraft und den Mut, diese Gemeinde vor allem Bösen zu schützen und zu allem Guten zu stärken.
Richte die Kranken und Bekümmerten auf, stehe den Einsamen und Alten bei,
tröste die Trauernden und halte die Sterbenden.
Wir rufen Dich an: Gott, erhöre uns
Vaterunser
Lied: Gib Frieden, Herr, gib Frieden (EG 430, 1–4)
Segen
Musik: Felix Mendelssohn– Bartholdy „Verleih uns Frieden“