Predigt · 12. Sonntag nach Trinitatis · 27. August 2023 · Pfarrer Michael Hufen
Predigt
12.Sonntag nach Trinitatis
Liebe Gemeinde
In der kommenden Woche bin ich nach einer Fortbildung in Meißen noch einen Tag in Dresden und hab schon mal geschaut, welche aktuellen Ausstellungen es gibt.
Auf der Seite des Hygienemuseums habe ich folgendes entdeckt:
„Hallo Happiness – Hallo Glück“
Dazu schreiben die Ausstellungsmacher: „Ist das der richtige Moment für eine Ausstellung zum Thema „Happiness“? Als Reaktion auf die aktuellen politischen und sozialen Umwälzungen und die damit einhergehende Ängste meint das Deutsche Hygiene-Museum: Gerade jetzt! Denn positive Emotionen – so die These dieser Ausstellung – sind in individuellen und gesellschaftlichen Krisen wichtige Faktoren bei der Entwicklung von Widerstandsfähigkeit und dem, was man heute Resilienz nennt.“
Liebe Gemeinde,
Resilienz ist so ein Modewort. Es meint soviel wie Anpassungsfähigkeit an veränderte und sich verändernde Rahmenbedingungen.
Resilienz entwickelt sich bei Menschen, wenn sie Ressourcen haben, auf die sie zurückgreifen und sich verlassen können. Die Fähigkeit zum Glück, zum glücklich Sein gehört auf jeden Fall dazu. Wenn wir uns an Begegnungen mit anderen Menschen freuen können, Freude empfinden, wenn wir in der Natur sind und Phänomene, Tiere und Pflanzen wahrnehmen, als wäre es das erste Mal. Ja auch wenn wir es schaffen, das, was uns bedrückt und niedergeschlagen macht, ein wenig auszublenden und Sachen tun, die uns glücklich machen.
Ich denke, entscheidend ist aber, dass wir grundsätzlich voller Hoffnung sind, sozusagen eine Vision haben, dass sich die so unveränderlich scheinenden Umstände, allen Unkenrufen zum Trotz, verändern können. Und natürlich offen sind für das Hereinbrechen Gottes in unsere Realität, also immer damit zu rechnen, dass es Gott gibt und dass in Jesus sein Licht, wie durch ein großes Oberlicht in unsere Welt scheint. Die Tauben hören und die Blinden werden sehend. Dass mit dem Licht von Ostern eben die Weltaufgangsstimmung das Dunkel der Weltuntergangsstimmung überstrahlt.
So wie das Licht auf dem Weg nach Damaskus aus dem Christenverfolger Saulus den Paulus gemacht hat, können sich die Umstände und die Ausrichtung unseres Lebens grundsätzlich ändern.
Es braucht also – um ein etwas moderneres Wort zu benutzen – eine Vision, einen Traum.
Dazu 3 Texte:
ABBA – I have a dream – ich habe einen Traum
Auch heute nicht zum Mitsingen und auch nicht als Ersatz für einen biblischen Predigttext. Einfach nur als kurze Einstimmung:
Ich habe einen Traum, ein Lied zu singen.
Um mir zu helfen alles zu bezwingen.
Wenn du das Wunder von einem Märchen siehst,
Kannst du die Zukunft nehmen, sogar wenn du gescheitert bist.
Ich glaube an Engel.
Ich sehe etwas Gutes in allem.
Ich glaube an Engel.
Wenn ich weiß, dass die richtige Zeit gekommen ist,
überquere ich den Fluss – Ich habe einen Traum.
Chorus:
Ich habe einen Traum, eine Fantasie,
Um mir durch die Realität zu helfen
Und mein Ziel macht es lohnenswert.
Drängeln durch die Dunkelheit, noch eine weitere Meile.
I have a dream
Morgen vor 60 Jahren, am 28.August 1963 hat Martin Luther King seine berühmte Rede in Washington gehalten, deren geflügeltes Wort „I have a dream“ aus dieser Rede ein zeithistorisches Dokument, ja noch vielmehr: ein bis heute strahlender Ausdruck tief religiös begründeter Hoffnung auf wirkliche Freiheit, ist. Freiheit für alle Menschen, ohne Ansehen der Hautfarbe, der sozialen Herkunft oder der Religion.
„Von jedem Berghang soll die Freiheit erklingen. Wenn dies geschieht, wenn wir erlauben, dass die Freiheit erklingt und wenn wir sie aus jedem Dorf und jedem Weiler, …. erklingen lassen, werden wir den Tag schneller erleben, an dem sich alle Kinder Gottes, Schwarze und weiße Menschen, Juden und Nichtjuden, Protestanten und Katholiken die Hände reichen und mit den Worten des alten Spirituals singen können: Endlich frei, endlich frei. Gott dem Allmächtigen sei Dank, wir sind endlich frei.“
Martin Luther King hatte seine Rede gut vorbereitet, um sie zum Abschluss des Marsches der Bürgerrechtsbewegung nach Washington zu halten.
Er sprach über die Unteilbarkeit der Freiheit für alle Menschen, die nicht erreicht ist, solange Polizeigewalt und Unterdrückung Alltag für einen großen Teil der Bevölkerung ist. Solange es für Schwarze – MLK benutzt das Wort „negro“ – nicht überall das Wahlrecht gibt und keine Partei, die für sie wählbar ist. Solange Armut herrscht und für sie nicht „Recht wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach strömen.“
Dazu benutzt er eine Fülle von Bibelzitaten und an die prophetischen Reden des Alten Testament angelehnte Parallelaussagen.
„Versuchen wir nicht, unseren Durst nach Freiheit zu stillen, indem wir aus dem Kelch der Bitterkeit und des Hasses trinken.“ Sagte er. Aller Mut zur Veränderung sollte eben nicht, durch die Ausgrenzung der „Weißen“ in diesem Kampf getrübt werden. Freiheit ist unteilbar, für alle Menschen. Damit niemand „im tiefen Tal der Verzweiflung versinkt“.
Die berühmte Gospelsängerin Mahalia Jackson soll ihm in diesem Moment zugerufen haben „Erzähl ihnen von deinem Traum“. Und das tat er dann auch:
„Ich habe einen Traum, dass eines Tages auf den roten Hügeln von Georgia die Söhne ehemaliger Sklaven und die Söhne ehemaliger Sklavenbesitzer gemeinsam am Tisch der Brüderlichkeit sitzen können.
Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der sie nicht nach der Farbe ihrer Haut, sondern nach dem Wesen ihres Charakters beurteilt werden.
Mit diesem Glauben können wir gemeinsam arbeiten, gemeinsam beten, gemeinsam kämpfen, gemeinsam ins Gefängnis gehen, gemeinsam für die Freiheit eintreten, in dem Wissen, dass wir eines Tages frei sein werden.“
Liebe Gemeinde,
MLK ist der Sohn eines Baptistenpredigers, der Enkel eines Baptistenpredigers und der Urenkel eines Baptistenpredigers. Er glaubte daran, dass Gottes Zusage eintrifft, dass das, was die Propheten Israels verkündet haben, einmal Wirklichkeit wird. Dafür hat er gelebt und dafür ist er gestorben.
III.
Für den heutigen Sonntag ist ein Text aus dem Buch des Propheten Jesaja vorgeschlagen:
Jesaja 29, 17-24
Liebe Gemeinde,
in der Lutherbibel hat man für diesen Abschnitt die Überschrift „Die große Wandlung“ gefunden.
Das ist nun aber ein ganz anderer Wandel als er in dem Buch „The great Reset“ – Der große Neustart – des Gründers des Weltwirtschaftsforums Klaus Schwab für die Zeit nach der Corona-Pandemie beschrieben wird oder wie er mit dem Begriff der Zeitenwende im Bezug auf den Beginn des 2. Abschnitts des Krieges in der Ukraine mit dem 24.2.2022 verbunden wird. Und auch ein ganz anderer Wandel, als der mit der sogenannten Wende nach dem Mauerfall am 9.November 1989 Wirklichkeit wurde.
Jesaja sagt, träumt weiter habt weiter große Erwartungen, ihr werdet nicht enttäuscht werden. Alles wird gut! Doch wie und warum wird alles gut? Jesaja sagt: Gott handelt in eurer Mitte. Das ist wichtig äußere Veränderungen werden ohne den Wandel im Inneren enttäuscht. Es beginnt also bei uns. Im Großen wie im Kleinen.
Doch diese inneren Veränderungen brauchen Zeit. Und auch das zeichnet uns Christen aus: die große Erwartung und die große Geduld. Denn die Enttäuschung ist nur groß, wenn unsere Geduld klein und das Vertrauen gering ist. Unsere große Vision wird immer mit großem Vertrauen verknüpft und dabei ist entscheidend, dass Gott in unserer Mitte handelt und handeln darf. Dass wir uns verändern lassen und wo Gottes Kraft in unserer Mitte spürbar wird, können wir auch die kleinen Wunder erleben: Taube hören wieder auf Gottes Wort Blinde kriechen wieder aus der Nacht ihrer Resignation, Spötter sparen sich den hilflosen Zynismus.
„Wenn ihr seht, was ich in eurer Mitte tue, dann werdet ihr alles tun, um mir den Gott Israels zu gefallen“, schreibt Jesaja. Darum wird alles gut werden denn die selbstverständliche Folge der großen Visionen und des großen Vertrauens ist ein großes Engagement und immer wieder erlebe ich dieses große Engagement auch und gerade hier in der Gemeinde: Da ist die Runde um Ortrud Wendt, die Montag für Montag für Menschen am Rande der Gesellschaft eine festliche Tafel deckt und Zeit hat zum Gespräch. Da sind die Frauen und Männer vom Besuchsdienstkreis, die Woche für Woche die Älteren in der Gemeinde zu ihren Geburtstagen besuchen. Da sind die Teamer der JG und im Konfirmandenunterricht, die in der vergangenen Woche für die Jugendlichen der JG und die neuen Konfirmanden gemeinsam mit Pfarrer Thies und Markus Maass eine unvergessliche Woche gestaltet haben. Und die sind die Mitglieder des Gemeindekirchenrates, die sich intensiv darum bemühen das Gemeinschaft entsteht, Gottesdienste gefeiert werden und Rahmenbedingungen für ein lebendiges Leben der Gemeinde geschaffen werden. Und da sind so viele andere tolle Menschen, die hier in der Gemeinde mitarbeiten und viele Zeit investieren: die Musikerinnen und Musiker, Sängerinnen und Sänger, handwerklich Geschickte, die eigentlich immer ansprechbar sind, wenn wieder einmal etwas zu reparieren ist, die Frauen und Männer, ohne die die verschiedenen Kreise und Veranstaltungen nicht über das Stadium einer Idee oder Vision hinausgekommen wären.
Liebe Gemeinde, so ist das wo wir von einer Vision ergreifen lassen und voller Geduld auf Gottes Kraft in unserer Mitte vertrauen. Da tun wir alles, was in unserer Kraft steht, um Gott zu gefallen und die große Vision sichtbar zu machen. Und das Schönste daran ist „Hallo Happiness“ – es mach Freude! So wie es Jesaja schreibt Jesaja: „Für die geringen wird der Herr eine Quelle ständig wachsender Freude sein und die stets benachteiligten werden jubeln über den Heiligen Gott Israels“
Diese Erfahrung machen wir ja auch: Im Büro gibt es die Rückmeldungen der vom Besuchsdienst besuchten Jubilare, Freude und Dankbarkeit, die Jugendlichen erzählen mit Begeisterung und großer Freude von Erfahrungen bei der KonfiRüste.
Große Visionen und großes Vertrauen führen zu großem Engagement und großer Freude .
Alles ist gut?- nein natürlich ist nicht alles gut, noch nicht ! Doch dem Gott, der solche Kräfte weckt, dass vieles gut wird, dann wird es auch gelingen, dass alles gut sein wird.
Lassen wir uns begeistern mitreißen und erfreuen, lasst uns träumen und anpacken an den Orten, an denen uns Träume entstehen. Es lohnt sich mitzumachen, denn Gott macht mit. Er selbst kommt uns entgegen: vertraut den neuen Wegen.
Amen