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Predigt · Quasimodogeniti · 28. April 2019 · Pfarrer Michael Hufen

Posted on Mai 10, 2019 in Predigten

Johannes 20, 24 – 29

Liebe Gemeinde


Ostern und Taufen


Freude über die Auferstehung verbunden mit dem offenen
Bekenntnis vor der Gemeinde, ja ich will getauft werden, ja
wir wollen unser Kind taufen auf den Namen Gottes, der
solches tut.


Wie schön!


Das Evangelium für den heutigen Tag ist die Geschichte
vom ungläubigen Thomas.
Ja, der Jünger, der zweifelte – an der Auferstehung und an
der Erscheinung des Auferstandenen. Der zweifelte bis er
sah und – ja tatsächlich – anfassen konnte.
„ich glaube nur, was ich sehe“ so könnte er gesagt haben.
Und so haben wir es in unzähligen Zeitungsartikeln, die
üblicherweise zu Ostern erscheinen, lesen können. Nicht
nur Zweifel an der zentralen Glaubensaussage der Christen
– Jesus ist auferstanden – sondern ja ich muss sagen, aus
dem Gefühl einer seltsamen Überlegenheit ein: wie kann
man das und überhaupt nur Glauben.


„Seelig sind, die nicht sehen und doch glauben“ – seelig
sind, glücklich sind, zufrieden sein können die, die nicht
sehen und doch glauben.
Glauben daran, dass es mehr gibt als was vor Augen ist, das
sich nicht alles erklären, ableiten und begründen lässt. Das
die scheinbar offensichtlichen Begründungen der Welt nicht alles sind.

Ja, das es einem Menschen einfach gut tut, zu vertrauen, zu
hoffen, zu beten.


Christen glauben an einen Gott, der uns so ganz anders
begegnet, als man das allgemein von Göttern erwartet. In
der Ohnmacht am Kreuz, fällt Gott sozusagen aus seiner
bekannten Rolle. Gott der Allwissende und Allmächtige,
stirbt in Jesus am Kreuz.
Festgefügte Erklärungsmuster werden hier über den
Haufen geworfen, wenn Gott in Jesus ganz bei uns
Menschen ist und uns zugute stirbt und aufersteht.


Alles, was man eindeutig wissen konnte, wird durch das
Geschehen von Karfreitag und Ostern höchst ambivalent.


Am Mittwoch war ich mit Edith Boldt und Armin Burger in
Wittenberg, um die Gemeindefahrt im September
vorzubereiten – von der wir übrigens glauben, dass sie
sehr schön wird. Da geht es natürlich auch und vor allem
um Martin Luther.


Luther hat nun diese Ambivalenz Gottes in Jesus auch für
uns Christen auf die Spitze getrieben: wir sind Herren und
Knechte, frei und gleichzeitig Untertan.
Wir sollen uns nicht auf fromme Praktiken und uns auf die
positive Wirkung unserer guten Werke verlassen, sondern
ganz allein auf die Gnade unseres Herren Jesus Christus.
Im Vertrauen, im Glauben an Jesus kann man als freier
Christenmensch leben.
Wem das zu wenig Führung und Sicherheitsleine ist, der
wird nun von Luther immer auch an die Hand genommen,
zur Krippe geführt – „Vom Himmel hoch da komm ich her“
So merket nun das Zeichen recht:
Die Krippe, Windelein so schlecht,
Da findet ihr das Kind gelegt,
Das alle Welt erhält und trägt.


– und aber auch ans Kreuz –„Christ lag in Todesbanden“

Jesus Christus, Gottes Sohn,
an unser Statt ist kommen
und hat die Sünd abgetan,
damit dem Tod genommen
all sein Recht und sein Gewalt;
da bleibt nichts denn Tods Gestalt,
den Stachel hat er verloren.
Halleluja.
-: Luther zeigt das wimmernde Kind in der Krippe aber
auch den sterbenden Verfluchten.
Gott, verborgen unter seinem Gegenteil. Für Luther ist dies
das Grundmotiv des Christentums. Luthers Gott peitscht
seine Allmacht nicht mit dem Streitwagen in die Welt
hinein, um Gehorsam zu erzwingen. Sondern er möchte,
dass die Menschen zu seinen Mitarbeitern werden und ihn
in ihren Mitmenschen erkennen.
Die Kraft Gottes erweist sich deshalb nicht in den gängigen
Kategorien von Macht, Stärke und Glanz. Sie zeigt sich
darin, dass er sich den Verhältnissen dieser Welt bis in die
letzte Konsequenz aussetzt. Gott setzt damit nach Luther
einen „fröhlichen Wechsel“ in Gang, bei dem er Sünde und
Tod auf sich nimmt, um den Menschen Vergebung und
neues Leben zu geben.
Rational einholbar ist dieser Vorgang nicht. Luther wollte
auch gar nicht auf garantierte Gewissheiten oder
allgemeinverbindliche Sicherheiten hinaus. Der
Reformator zielte auf einen rückhaltlosen und in gewissem
Sinne kindlichen Glauben, der sich bei jeder Anfechtung
von neuem in die Hand des gekreuzigten Gottes begibt.
Solches Vertrauen, so dachte Luther, müsse befreiend auf
einen Menschen wirken und könne eine furchterfüllte Welt
von ihrer Angst befreien.
So gesehen, kann man die Feindschaft, die den Christen
überall auf der Welt begegnet ja vielleicht sogar erklären,
Morde, Kirchenzerstörungen und der dauernde Versuch, die eigene christlich geprägte Tradition und Kultur zurückzudrängen, als Zeichen des Festhaltens an einer
Weltsicht, die seit Jesus als überwunden angesehen werden
kann.
Umso schöner ist es, dass wir heute hier zusammen sind,
Gottesdienst feiern, Kinder taufen, singen und beten.
Und auch hier können wir uns wieder von Luther an die
Hand nehmen lassen.
Über dem Durchgang zum Lutherhaus – also da wo jeder
durch muss, der es besuchen will, sei er Christ oder nicht –
über dem Durchgang steht:
Niemand lasse den Glauben daran fahren, dass Gott an ihm eine große Tat will.

Amen