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Predigt · Pfingstfest · 24 . Mai 2015 · Konfirmation · Pfarrerin Ruth Misselwitz

Posted on Mai 28, 2015 in Predigten

Hesekiel 18 ,4

Denn siehe, alle Menschen gehören mir, spricht Gott.“ Hesekiel
18,4


Liebe Konfirmanden, liebe Eltern, Großeltern und Paten – liebe
Schwestern und Brüder,


Nun ist der große Tag herangekommen und ihr sitzt hier vorne auf
den Stühlen unserer Kirche.


Lange Vorbereitungen hat es dafür gegeben – Schlaflose Nächte,
nicht nur für Euch, auch für Eure Eltern.
Was ziehe ich an, wen laden wir ein, was gibt es zu Essen,
was werde ich geschenkt bekommen?


Alles das sind ja wichtige Fragen, denn es ist wohl das erste Fest,
das ihr als Jugendliche so richtig bewusst miterlebt und gestaltet.


Da gab es sicher auch den einen oder anderen Zweifel –
zu Beginn des Konfirmandenunterrichtes vor zwei Jahren –
ob ihr überhaupt die Konfirmation feiern wollt.


Ist das was für mich, solch eine christliche Feier?
Verstehe ich mich denn als Christ,
ja glaube ich denn überhaupt an Gott
und wenn ja, ist das denn der richtige Glaube?


Zwei Jahre hattet ihr Zeit, euch mit diesen Fragen zu beschäftigen.
Ihr werdet feststellen, dass ihr längst nicht auf all diese Fragen eine
Antwort bekommen habt – dazu braucht man das ganz Leben,


aber auf die Frage, ob ihr euch konfirmieren lassen wollt,
habt ihr alle, die ihr hier sitzt, mit Ja geantwortet.
Für euren Vorstellungs- und Prüfungsgottesdienst habt ihr euch mit
der schwierigen Geschichte befasst, die um die geplante Opferung
Isaaks ging.


Wir haben auch diese Geschichte gewählt, um die gemeinsamen
Wurzeln über diese Geschichte mit dem Judentum und dem Islam zu
finden.


Wir nennen sie die drei Abrahamitischen Religionen, weil sie sich
alle drei auf den Erzvater Abraham berufen.


Im Koran ist es der Sohn Ismael, den Gott vor der Opferung rettet,
im Alten Testament ist es Isaak.


Der Grund dafür ist, weil sich die Muslime über Ismael definieren,
die Juden und Christen aber über Isaak.


In allen drei Religionen aber wird er der eine unsichtbare Gott
angebetet, der sich dem Volk Israel als der Schöpfer der Welt
und der Vater oder auch Mutter aller Menschen offenbart hat.


„Siehe, alle Menschen gehören mir – spricht Gott“ so lesen wir es im
Buch des Propheten Hesekiel aus dem Alten Testament.


Ich habe diesen Spruch für heute ausgesucht, weil wir in einer Zeit
leben, in der wir es mit den unterschiedlichsten Religionen und
Kulturen zu tun bekommen.


Die Welt rückt immer mehr zusammen und durch die offenen
Grenzen können nicht nur wir andere Völker und Kulturen kennen
lernen, sondern auch zu uns kommen Menschen aus aller Welt und
den verschiedensten Religionen.

Das öffnet nicht nur unseren Horizont und unsere Neugierde auf
Anderes und Fremdes, es erzeugt auch Ängste und Abwehr.


Wir erleben es tagtäglich in der Diskussion um die unzähligen
Flüchtlinge, die bei uns Schutz suchen vor Krieg, Hunger und
Unterdrückung.


„Wir sind ein christliches Land“ – so hören wir es auf manchen
Demonstrationen, die sich gegen die Aufnahme von Flüchtlingen
wenden.


Recht haben sie – stimme ich ihnen zu – aber wissen sie auch, was sie
da reden?


Im Alten wie im Neuen Testament unserer heiligen Schrift ist der
Schutz von Witwen, Weisen und Fremdlingen ein hohes Gut.


Sie waren die Schwächsten in der Gesellschaft,
ihnen galt der Beistand der Propheten, die gegen die Starken und
Mächtigen geklagt haben, wenn sie das Recht der Schwachen
beugten.


Ein Land, das sich auf die christlichen Werte und Normen beruft,
hat dieses Recht der Schwachen zu achten und zu schützen.


„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – so steht es im 1. Artikel
unseres Grundgesetzes.
Und diese Würde speist sich aus dem Glauben, dass jeder Mensch
nach dem Ebenbilde Gottes geschaffen ist, wie wir es in der
Schöpfungsgeschichte lesen.


„Alle Menschen gehören mir, spricht Gott“ – unabhängig von seiner
Herkunft, seiner Religion oder seiner Kultur.


Das ist nicht immer so leicht zu verstehen und dem wurde in der
Geschichte immer und immer wieder zuwider gehandelt.


Wir hörten vorhin die Geschichte von dem Heiligen Geist, der sich
über die Jünger und Jüngerinnen in Jerusalem ergoss
und der bewirkte, dass alle Menschen, die sich in Jerusalem
aufhielten und aus den unterschiedlichsten Ländern kamen, – er bewirkte, dass sie alle die Rede der Jünger in ihrer eigenen
Muttersprache verstanden.


Der Heilige Geist, wie er uns zu Pfingsten geschenkt wurde,
überwindet die Schranken von Nationen, Sprachen und Kulturen.


Er führt alle Völker zusammen und bewirkt den Schalom Gottes –
den Frieden und die Gerechtigkeit, die Gott für diese unsere Welt und
für alle Menschen gedacht hat.


Dieser Geist wirkt überall da, wo sich Menschen dafür einsetzen.
Wir haben die unterschiedlichsten Namen für ihn,
jede Religion hat dafür eigene Namen.


Wir erkennen ihn aber daran, dass er Feindschaft überwindet,
Getrenntes wieder zusammenführt, die Schwachen aufrichtet und die
Mächtigen vom Thron stürzt.


Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder – so sagt es der
Apostel Paulus –
und so wünsche ich es für Euch Konfirmanden
und für uns alle hier, die in dieser Kirche und in allen Kirchen dieser
Welt an diesem Pfingstfest heute versammelt sind.


Möge dieser Geist euch und uns alle führen und leiten hin zu einer
friedlichen und gerechten Welt – zum Schalom Gottes.
Amen