Predigt · Erntedankfest · 6. Oktober 2013 · Pfarrerin Ruth Misselwitz
Matthäus 6, 19 – 21
Rundfunkgottesdienst
Der Friede Gottes, die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die
Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen.
„Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten
und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und stehlen.
Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch
Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen.
Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.“
Liebe Hörerinnen und Hörer am Radio, liebe Schwestern und Brüder,
diese Worte spricht Jesus in der Bergpredigt zu seinen Jüngern und
Jüngerinnen im Matthäusevangelium.
Liebe Hörerinnen und Hörer am Radio, liebe Schwestern und Brüder,
diese Worte spricht Jesus in der Bergpredigt zu seinen Jüngern und
Jüngerinnen im Matthäusevangelium.
Es sind die einleitenden Worte zu dem wunderschönen Text von der
Sorglosigkeit eines Christenmenschen
und seiner Freude über Gottes schöne Schöpfung wo es heißt:
„Seht die Vögel unter dem Himmel an, sie säen nicht, sie ernten
nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen und euer himmlischer Vater
ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie?“
Heute am Erntedanksonntag haben wir allen Grund, unsere Augen
dankbar auf das zu richten, was wir als Gaben von der Natur
empfangen.
Viele Kirchen werden mit den Früchten unserer Felder geschmückt.
Äpfel, Möhren, Kartoffeln, Kürbisse,
Brot und Wein und natürlich die strahlenden Sonnenblumen sind um
den Altar gelegt. Eine Augenweide!
Als gläubige Menschen erkennen wir in diesen Gaben nicht nur das
Ergebnis menschlicher Geschicklichkeit und beharrlichen Fleißes,
als gläubige Menschen sehen wir hinter allen menschlichen
Anstrengungen auch die Dimension der göttlichen Weisheit und
Gnade
und das Wunder der geheimnisvollen Schöpfungsordnung,
in der alles und jedes seinen Ort und seine Bestimmung hat
und in wechselseitigen Beziehungen steht.
Nun aber gehört es wohl auch zu dieser Schöpfungsordnung,
dass alle irdischen Dinge von Motten zerfressen,
vom Rost zerstört und von Dieben gestohlen werden können.
Alles, was uns umgibt, ist der Vergänglichkeit preisgegeben.
Die Nahrungsmittel sind wohl am schnellsten dem Verfall erlegen,
aber auch solche menschlichen Kunstwerke wie Häuser und Paläste,
Städte und Dörfer,
technische Wunderwerke auf der Erde und in der Luft,
Gold, Wertpapiere, Schmuck
ja auch ein Bild von Michelangelo
es ist alles vergänglich –
Wenn die Motten darüber herfallen und der Rost das Eisen zerfrisst,
bleibt am Ende nur Staub übrig, den ein Windhauch hinweg fegt.
Und das schmerzlichste von allem ist, dass auch unser kleines und so
wertvolles Leben,
unser Körper und unser Geist schwach und hinfällig werden
und am Ende wieder zu Erdenstaub zerfallen.
Es ist alles ein Haschen nach Wind, so heißt es schon beim Prediger
im Alten Testament.
Aber das wollen wir nicht wahrhaben.
So ist es nicht verwunderlich, dass der Mensch bestrebt ist,
sich gegen diese unbarmherzige wie auch unumstößliche Wahrheit
aufzulehnen oder sie sogar zu negieren.
Sicherheit gegen den Hunger und die Armut sucht er im Anhäufen
von Lebensmitteln,
wie der reiche Kornbauer in der Geschichte, die wir eben in der
Evangeliumslesung hörten.
Vom Sammeln und dem Besitz von irdischen Kostbarkeiten
erhofft er sich, die eigene Bedeutungslosigkeit überwinden
und das Verschwinden in der glanzlosen Masse verhindern zu
können.
Liebe Schwestern und Brüder,
aber aller irdischer Besitz ist bedroht, haben wir gehört,
nichts ist sicher vor den drei großen Gefahren:
Motten, Rost und Diebe
Keine Sicherheitsanlage der Welt,
keine noch so hohe Mauer,
kein noch so intelligentes Waffensystem bietet 100% Schutz davor,
dass die Dinge vergehen und geraubt werden können.
Im Gegenteil, da wo viel Besitz angehäuft wird,
wird auch der Neid und die Begehrlichkeit geweckt.
Da bedroht die wachsende Ungerechtigkeit den sozialen Frieden,
die Angst der Reichen vor der Not der Armen wächst
und die Mauern und Grenzanlagen werden noch höher und
gefährlicher für mögliche Eindringlinge.
Umsonst bemühen sich die Menschen um Sicherheit und
Beständigkeit,
vergeuden dabei viel Kraft,
verlieren ihre Freiheit und ihr Mitgefühl
und die Freude am Leben.
Worauf aber ist dann Verlass?
„Sammelt euch Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost
fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen.“ – sagt Jesus.
Liebe Schwestern und Brüder, ich komme ins Stammeln, wenn ich
nach solchen himmlischen Schätzen suche.
Was kann nicht von Motten und Rost zerfressen
und von Dieben gestohlen werden?
Jesus sagt an einer anderen Stelle zu seinen Jüngern und Jüngerinnen:
Was nützt es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne,
nähme aber Schaden an seiner Seele?
Die Seele eines Menschen ist demnach Gott mehr wert als die
gesamte vergängliche Welt?
Was macht sie so kostbar?
Die Seele ist ein Teil von Gott, er hat sie uns eingehaucht.
Wir dürfen uns – so wie Jesus – als Kinder Gottes verstehen,
als die Erben seiner göttlichen Kraft.
Wir dürfen teilhaben an dem göttlichen Licht und an der göttlichen Wahrheit,
die sich uns in der Liebe offenbart hat.
Einer Liebe, die alle Menschen- und Gottesfurcht überwindet,
die frei macht von den Strukturen unser Habsucht und Gier,
die das Leben zerstören.
Einer Liebe, die sich an der Gerechtigkeit Gottes erfreut,
die für das Recht und die Würde aller Menschen einsteht,
unabhängig von seiner Herkunft, seiner Religion oder seines
Geschlechtes,
einer Liebe, die die ganze Schöpfung umfängt und zusammen hält,
in der auch mein kleines Leben gewollt und geliebt ist,
einer Liebe, die die Begrenztheit meines irdischen Lebens
durchbricht
und mich teilhaben lässt an der göttlichen Ewigkeit.
Liebe Schwestern und Brüder,
wenn mir Zugang zu dieser Wahrheit geschenkt wird,
dann erfüllt mich eine tiefe Ehrfurcht vor den Werken Gottes,
die mich in dieser Welt umgeben
und eine grenzenlose Dankbarkeit für seine Zuwendung.
Dann leide ich mit der geschundenen Kreatur ebenso
wie ich mich mit ihr erfreuen kann.
Dann weiß ich mich in eine Nachfolge gerufen,
die das Herz entlastet von allen unnötigen Sorgen und Ängsten
und es befreit zur tätigen Nächstenliebe.
Denn wenn am Ende Gott meine Seele zu sich ruft,
dann kann ich nichts von dem mitnehmen,
was ich in dieser Welt an Gütern, Ehre oder Ruhm angehäuft habe.
Am Ende werde ich gefragt, wie ich dieser Liebe gedient habe.
Und die Antwort Gottes wird sein:
Was ihr getan habt einen von diesen meinen geringsten Brüdern und
Schwestern das habt ihr mir getan.
Liebe Schwestern und Brüder,
Schenke uns Gott dazu die Kraft des heiligen Geistes,
schenke er uns die Freude an seiner Schöpfung,
das Staunen über seine wunderbaren Werke
und die Dankbarkeit über seine Gnade und Barmherzigkeit
uns schwachen Menschen gegenüber.
Amen